Es ist November. Zeit also für die Never Say Die! Tour. Traditionell reist die Tour mit dem Schwerpunkt Metalcore/Hardcore im November durch Europa. Im Vergleich zum brachialen Line-Up im letzten Jahr setzen die Veranstalter in diesem Jahr auf viel melodischen Post-Hardcore, mit BEING AS AN OCEAN an der Spitze des Line-Ups.
Ca. 17:30 Uhr vor dem Gruenspan in Hamburg warten gleich zwei Enttäuschungen auf mich. THOUSAND BELOW sind - entgegen des Timetables - bereits in ihrem Set. Ursprünglich sollte der Abend um 17:45 Uhr beginnen. Zudem bekamen alle Pressefotografen am Eingang die Ansage “BEING AS AN OCEAN dürfen nicht fotografiert werden. Die Band hat ihren eigenen Fotografen.” Ja, und? Bands haben immer bzw. häufig auch ihren eigenen Fotografen oder ihre eigene Fotografin dabei. Deshalb die Presse aber auszuschließen, ist eine ziemlich schwache Begründung. Nunja.
Als zweite Band des Abends standen CURRENTS auf dem Programm. Die Metalcore-Band aus Connecticut durfte eine halbe Stunde lang spielen. Der Auftritt war okay, hat mich aber nicht nachhaltig beeindruckt. Ganz anders war das bei POLAR, die mit ihrer puren Energie über die Bühne fegten und das Publikum sofort zu begeistern wussten. Sänger Adam Woodford heizte die ersten Reihen immer wieder an und stieg zur Mitte des Sets auf die Barrier, um sich gemeinsam mit dem Hamburger Publikum die Seele aus dem Hals zu brüllen. Im Anschluss boten CASEY ein musikalisches Kontrastprogramm. Sänger Tom Weaver kam in Schlafanzughose auf die Bühne. Ähnlich verhielt es sich auch mit seiner Stimme. Diese schien nicht richtig wach zu sein. Emotionalen Post-Hardcore von CASEY hat man live definitiv schon besser erlebt. Trotzdem sorgte Tom vor allem mit seiner Ansprache zwischen den Songs für Gänsehautmomente. Ähnlich oder vielleicht sogar noch mehr Energie als POLAR´setzten ALAZKA auf der Bühne frei. Die Post-Hardcore-Band aus Recklinghausen sprang über die Bühne. Die gesamte Band war in Bewegung. Wie immer versprühte die Band eine unheimliche Spielfreude, übertrieb es aber auch das ein oder andere Mal mit der Theatralik. Trotzdem, ALAZKA boten, rein von der Performance und der Energie auf der Bühne, den besten Auftritt des Abends. Die Ansagen zwischen den Songs waren bisweilen jedoch eher unangenehm als tight. Schade!
Als vorletzte Band stand an diesem Abend NORTHLANE auf der Bühne. Bei den UK-Dates noch als Headliner unterwegs, war von vornherein klar, dass BEING AS AN OCEAN diesen Platz auf dem europäischen Festland innehaben. Mit ihrem Auftritt hätten die Australier von NORTHLANE den Headliner-Slot aber auch auf der gesamten Tour verdient gehabt. Mit neuem Bassisten Brendon Padjasek und dem immer gleichen Shirt von Sänger Marcus Bridge spielten sich NORTHLANE einmal quer durch die eigene Diskografie. BEING AS AN OCEAN twitterten neulich: “NORTHLANE sounds like if God descended onto earth and decided to play metal.” Kann man schon so unterschreiben!
Doch BEING AS AN OCEAN sprechen nicht nur über die anderen Bands der Tour, sondern durften auch selbst auf die Bühne. Als Headliner der Tour! 2015 war die Band, wie ALAZKA auch, bereits auf der Tour vertreten. Damals noch im mittleren Teil des Line-Ups. Die musikalische Ausrichtung der Band hat sich seitdem verändert. Mehr Melodien, mehr Clean-Gesang, weniger Screams, weniger Hardcore-Anteile. Live sind BEING AS AN OCEAN aber noch immer eine Macht. Vor allem Sänger Joel Quartuccio befand sich - mal wieder - mehr neben als auf der Bühne, genoss das Bad in der Menge und sang gemeinsam mit den Hamburgern. Bei der Setlist wurde sehr viel Wert auf die neueste Veröffentlichung “Waiting For Morining To Come” gelegt. Mit “How We Both Wondrously Perish”, “The Poets Cry For More” und “L’exquisite Douleur” schaffen es drei Songs von “How We Both Wondrously Perish” auf die Setlist. Vom Debütalbum “Dear G-D” spielt die Band “"The Hardest Part Is Forgetting Those You Swore You Would Never Forget", das selbst-betitelte Album aus dem Jahr 2015 wird komplett außen vorgelassen. Für Fans der Anfangsjahre sicherlich eine Enttäuschung, für die jüngeren Fans der Band eine Wohltat. Sehens- und hörenswert in jedem Fall.