12.10.2016: HEISSKALT, LYGO – Köln – Gloria

15.10.2016
 

 

Alle schönen Dinge haben ein Ende und so langsam auch die aktuelle HEISSKALT-Tour, die sie in diesem Herbst seit Mitte September durch deutsche (und auch schweizer) Landen führt; heute Abend macht die Stuttgarter Post-Hardcore-Band in der kölschen Domstadt Halt, als Support sind die Bonner Post-Punks von LYGO dabei.

Eigentlich sollte die Show im Kölner Underground stattfinden; da der Vorverkauf aber so gut anlief, dass das dortige Konzert aus allen Nähten geplatzt wäre, wurde kurzerhand auf das schöne, um einige Male größere Gloria-Theater geupgraded; das größte Venue der „Vom Wissen und Wollen“-Tour ist Köln somit sicher.

Pünktlich um 8 betritt LYGO die Bühne, und die drei Herren können in einen schon recht gut gefüllten Konzertraum blicken. Obwohl zu ihrem wütenden, brachialen Indie-Post-Deutsch-Punk-Gemisch eher eine chaotische, wilde Pogomasse passen würde, ist die Stimmung im Publikum eher zurückhaltend; vor der Bühne sieht man ein paar einzelne Leute für sich alleine rumhüpfen, die restlichen BesucherInnen scheinen sich ihre Kräfte noch für die Headliner des Abends aufheben zu wollen. Nichtsdestotrotz liefern LYGO in klassischer 3-Mann-Punk-Formation ein mitreißendes Set ab; eine halbe Stunde mit druckvollem Sound garnierter Weltschmerz satt, der bestimmt fabelhaft auf kleinen, stickigen Clubshows funktioniert.

Um Punkt 9 erlöschen alle Lichter in dem ehemaligen Kinosaal; das Warten hat ein Ende, das Publikum jubelt und HEISSKALT eröffnen die Show mit „Das bleibt hier“, dem gleichzeitigen Opener ihres Debütalbums. Nach dem sehr plötzlichen, überraschenden Ausstieg ihres Bassisten Lucas Mayer vor drei Monaten ist auf dieser Tour Dani Weber von ON TOP OF THE AVALANCHE, der ehemaligen Band von Matze und Marius, mit von der Partie. Da mir HEISSKALT auf Konzerten vor Lucas‘ Ausstieg immer als perfekt eingestimmtes Team schien, war ich schon im Vorfeld des Abends gespannt, ob und wie die Band mit einem neuen Live-Mitglied funktionieren und aufgenommen werden würde; in der Mitte des Sets stellt Matze den „Neuen“ vor, dem das Publikum gegenüber keine Anzeichen der Abneigung zeigt, und doch ist die Energie auf der Bühne anders als früher; nicht unbedingt schlechter, nur sehe ich in HEISSKALT nicht mehr diese eingeschworene Einheit, die sie seit ihren Anfangstagen geworden waren.

Mit der Setlist wollte die Band anscheinend so ziemlich alle Geschmäcker im Publikum zufrieden stellen. Neben Songs ihres ersten Albums wie „So leicht“, „Kaputt“ und den Zugaben „Alles gut“ und „Gipfelkreuz“ sind die Songs vom aktuellen, im Juni erschienenen Album in der Überzahl und somit bin ich jedenfalls schon mal glücklich und zufrieden, da HEISSKALT für mich mit „Vom Wissen und Wollen“ den heißesten Anwärter auf das Album des Jahres geschaffen haben. Die Songauswahl spiegelt genau die unterschiedlichen Seiten der LP wider; einerseits gibt es mit „Euphoria“, „Lied über nichts“ oder (dem wie ich finde besonders großartigem) „Angst hab“ die eher straighten, nach vorne gehenden Songs, andererseits aber auch die anfangs in sich gekehrten, sich langsam aufbauenden und am Ende entladenden Titel wie „Von allem“, „Doch“ oder „Absorber“ zu hören. Gegen Ende des Sets spielt die Band ein Medley ihrer Debüt-EP „Mit Liebe gebraut“ und die (vor allem jüngere) Menge jubelt, ich allerdings verstehe immer noch nicht, was an der EP so besonders sein soll, da sie für mich wie von einer 08/15-Indie-Rock-Band klingt, und wenn ich mich recht erinnere, war Sänger und Gitarrist Matze vor einem halben Jahr bei ihrem Konzert im Düsseldorfer Pitcher auch eher negativ darauf zu sprechen; als „Der Mond“ als Songwunsch damals aus dem Publikum kam, erwiderte er nur, dass er den Song mittlerweile schrecklich fände. Komisch, anscheinend hat er seine Meinung wieder geändert. Das (wenn auch nur sehr kurze) Highlight des Medleys bildet für mich ohnehin das Ende, als für ein paar Sekunden BRAND NEW mit einem winzigen Cöverchen von „Sowing Season (Yeah)“ Tribut gezollt wird. Für ein weiteres Highlight werden kurzerhand die drei Jungs von LYGO zurück auf die Bühne geholt, um das mit LIRR., die den Support auf der ersten Hälfte der Tour übernommen haben, vor der Tour gemeinsam geschriebene „Leben wert“ zu performen, und hier stimmt dann endlich auch die Energie auf der Bühne – alle geben alles, die sieben Musiker als auch das Publikum.

Nach „Gipfelkreuz“ und guten anderthalb Stunden sind aber auch die letzten Kraftreserven verbraucht; der riesige, die halbe Halle einnehmende Pogo-Pulk, von Sekunde 1 da, hört auch erst beim letzten Ton auf – so, wie sich das eben nun mal gehört.