18.11.2019: ROTTING OUT, BROKEN TEETH - Wiesbaden - Schlachthof

24.11.2019
 

 

ROTTING OUT sind nach 6 Jahren und der Haftstrafe von Walter Delgado wieder in Europa. Zum Glück nicht nur in Riesenhallen im Vorprogramm von STICK TO YOUR GUNS, sondern auch mit einigen Headliner-Shows. Mit dabei auch: Das Kesselhaus des Wiesbadener Schlachthofs.

Die Show heute ist sehr arbeitnehmerfreundlich: Es gibt keine lokale Vorband. Kann man traurig finden, muss man aber nicht. Ich tue es am heutigen Moment definitiv nicht. Und auch der Preis an der Abendkasse ist eher was für Arbeitnehmer als für Studenten, denn 19€ für zwei Bands sind schon nicht ohne. Aber jedenfalls weiß jeder, was er heute bekommt, sodass auch einige Leute von weiter weg anreisen.

Für BROKEN TEETH ist der Opener-Slot wohl nicht mehr so normal wie er das mal war, aber trotzdem liefert die Stumpf-HC-Kapelle aus Manchester ab wie eh und je. Leider fällt das Mikrofon von Frontmann Dale heute am laufenden Band aus, worunter der Auftritt klar leidet. Man kommt sich etwas in der Zeit zurückversetzt vor, denn vor 6 Jahren waren es eben auch BROKEN TEETH, die zusammen mit ROTTING OUT und SURVIVAL auf Tour waren. Verändert hat sich nicht viel: Heute ist eher weniger los vor der Bühne als vor sechs Jahren, die Moshmoves sind in etwa die gleichen, die Klamotten haben sich leicht verändert. Das schönste an dem Set ist, dass es BROKEN TEETH scheissegal ist. Kompromisslos wird das Set runtergezockt. In 12 Jahren Bandgeschichte hat die Band gerade mal ein Album, eine EP, eine Split und ein Demo veröffentlicht. Aber hey, als Hardcore-Band reicht das vollkommen. „Soul Destroyer“ am Ende des Sets ist wie immer zugleich auch der Höhepunkt. Es ist scheinbar die erste und letzte Tour von BROKEN TEETH im Jahr 2019. Keine Ahnung, was die Jungs so mit ihrer Zeit machen, aber eventuell tut ein bisschen Auszeit mal gut. Und wer weiß, vielleicht kommt ja sogar ein neues Album dabei rum.

 

 

Der Auftritt von ROTTING OUT wird jedenfalls vom Wiesbadener Publikum mit deutlich mehr Spannung erwartet. Die Kalifornier haben seit ihrem letzten Aufenthalt in Europa noch eine EP und einen ganz neuen Song namens „Reaper“ rausgehauen. Beides hatte mir kaum gefallen und ich war vor allem schockiert von der schlechten Aufnahmequalität insbesondere des Gesangs. Umso besser für mich, dass sowohl „Reaper“ als auch „Born“ an den Anfang des Sets gestellt werden und die neuere Schaffensphase somit recht schnell abgefrühstückt ist. Tatsächlich lassen sich ROTTING OUT viel Zeit, bis endlich die Kracher von „Street Prowl“ mehr Leute nach vorne locken – allen voran der Titelsong selbst, aber auch „S.B.T.S.“. Der Moshpart in „Goddamn“ holt heute das Maximum aus dem Pit raus. Das beeindruckendste am Set von ROTTING OUT sind die Ansagen von Delgado. Man hat den Eindruck, dass er in seinen zugegebenermaßen platten Lyrics (wie das im NYHC nun mal so ist) doch verdammt viel Tiefgang zum Ausdruck bringt. Man nimmt ihm das nicht nur ab, denn da gibt es nichts abzunehmen. Walter Delgado ist so. Genau so, wie seine Lyrics das vermuten lassen. Ein Punk. Mit Problemen. Mit dramatischen Lebensereignissen, die er zu verarbeiten sucht. Kein verwöhntes Mittelklassekid, das auf „Mein Leben ist so hart“ macht. In „Stab“ geht es darum, wie er mit 13 Jahren mit einem Schraubenzieher auf seinen heroin- und crackabhängigen Stiefvater losging und ihn entweder erstach und anstach (genau weiß ich das nicht). Der Song ist der langsamste im Set und auch sonst der, der am meisten heraus sticht (unintended Wortwitz). Doch auch abgesehen davon gibt’s noch ein paar Hits von „The Wrong Way“ wie den Titeltrack, „The Shoot Out“ und das großartige „No Clue“, welches natürlich nur noch von „Laugh Now, Die Later“ getoppt werden kann. Auch wenn Wiesbaden heute Anlaufschwierigkeiten hatte, das Publikum taut gegen Ende hin endlich auf, sodass es beim letzten Song dann noch Stagedives gibt. Dennoch hätte ich mir nach 6 Jahren Abstinenz mehr erhofft – vor allem von Seiten des Publikums. ROTTING OUT spielen heute nur 10 Songs, da zwei Bandmitglieder auf der Europa-Tour ersetzt werden müssen. Bleibt zu hoffen, dass nächstes Jahr ein neues Album und auch eine längere Setlist mit im Gepäck ist – just heute (Stand 24.11.2019) wurde ein Auftritt im deutschen Festivalsommer auf dem Reality Bites Fest angekündigt.