19.02.2011: A Day To Remember, Bayside, Pierce The Veil, Adept - Große Freiheit 36, Hamburg

19.02.2011
 

 


Ein Abend, den man guten Gewissens eintüten, bunt beschriften und den Gästen einer Kindergeburtstagsfeier als Kommt-gut-Heim-Geschenk mit in den Jutebeutel packen kann.

Bereits deutlich vor der familiären Abendbrotszeit beginnend, schmücken ADEPT aus Schweden szenevorbildlich gestylt und vollkasko-tätowiert die Bühnenbretter der Großen Freiheit 36 - leider noch ohne Beiwohnen des Autoren. Gröhlrockdosis schon um 18.00h? Wohl bekommt´s.

Die sonnenverwöhnten Schreischeitel-Boys von PIERCE THE VEIL aus San Diego entführen die Jungs und Mädels, die teils viel zu aufgeregt, teils viel zu prepubertär-cool (wer tritt die meisten Plastikbecher kaputt?) durch Hamburgs Nacht - äh - Vorabendleben stiefeln, im Anschluss in ihre seichte und beliebige Welt aus metallischen Riffs und weiblich anmutendem Gesang, bringen gute Stimmung und schönes Instrumentenhandling ins Rollen, reiten aber ausschliesslich die genretypisch-musikalische Welle aka. "schon tausendfach gehört" oder "bis Minute 3:10 komplett vorhersehbar". Es kommen Güter von "Selfish Machines" und älteres Material wie "I´d Rather Die Than Be Famous" ans Tageslicht und erfordern die volle Aufmerksamkeit des unfassbar jungen und verpickelten Publikums: Klatschen, Hochspringen, Kreischen. Gähn. 2011 wollen verrückte Teenies PIERCE THE VEIL, Blümchen und Take That sind Geschichte. Schade um den Bumerang-Song.

Wahrlich gegen 19.15h (!) wird es gemütlicher und leerer im Publikumsraum: Der große freundliche Vogel strahlt vom Bühnenbanner auf die Besucher hinab, wird sich heute Abend aber leider zu kurz fassen: Mit "Already Gone" beginnen die graziösen New Yorker den Vorgeschmack auf das frische Kunstwerk to come "Killing Time", und haken zugleich bereits ein Achtel ihres heutigen Besuches ab. Frisch und freundlich wie immer wirken Anthony Raneri und Co., als wären sie 4 gutgesinnte Nikoläuse auf Jahresurlaub. Zu klaren Sethöhepunkten wie "Devotion & Desire" gesellt sich eine bunte Tüte aus den LP´s "The Walking Wounded", "Bayside" und "Shudder", für NOFX-Cover ist Hamburg jedoch heute kaum passend gekleidet. Wo eben (und vor allem später) noch geschrien und gemosht wurde, warten jetzt verstärkt lange Gesichter auf Breakdowns und Growls - doch vergeblich. Klar sind BAYSIDE das "hässliche Entlein" der Running Order, brechen aber mit Melodien und ihrer bestätigten, allerbesten Freundschaft zu den ADTR-Jungs doch zu einem Teil das Eis. Dabei wäre man bereits durch die angebotene Merchandisepalette aufgeflogen: Hier fehlen ausnahmsweise türkis-lila Comicshirts und Alloverdruck-V-Neckhemdem. Puh.

1. Already Gone
2. Montauk
3. Sick Sick Sick
4. Masterpiece
5. Roshambo
6. Carry On
7. Linoleum (NOFX-Cover)
8. Devotion & Desire

Licht an, BAYSIDE´s Gitarren bei Seite gescheffelt. Kreischen, die Erste: Zwei riesige rote Sandsäcke mit ADTR-Logoadlern werden links und rechts neben dem Schlagzeugpodest enthüllt. Kreischen, die Zweite: Das dazugehörige Banner mit den Boxhandschuhen wird gehisst. Kreischen, die Äußerste: Licht aus im Saal.
"2nd Sucks" eröffnet nach Boxmatch-verkündenem Intro die Jagd auf das beste Handyvideo, den Platz in der ersten Reihe und die textsicherste BesucherIn. Mit Konfettikanonen und CD-reifem Sound bläst sich der Florida-Fünfer noch in den ersten Runden beinahe selber um. "My Life For Hire" vs. "All I Want" lassen diese unbeschwert gutmütige Grundstimmung (an einem Samstagabend um 20.30h???) aufkommen, die an gesunde Familienfeiern oder Zeitung holen im Bademantel erinnert. A DAY TO REMEMBER sind klare Live-Entertainer. Der Bewegungsapparat, die fordernden, zugleich zustimmenden Ansagen, die feiertaugliche Songauswahl - ein Zufall? Weitere Hinterfragungen oder Sichtungen von BRAVO-Reportern seien dahingestellt, denn Hände in die Höh´ bei "Have Faith In Me" zählt, bevor zur saalweiten Klopapierschlacht ausgeholt wird. Scheint u.a. Bassist Joshua bereits gen "Monument" keine Lust mehr zu haben (oder Bauchweh von zuviel Prinzenrolle?), so lachen alle Jungspunde auf und vor der Bühne spätestens wieder, als tütenweise Plastikbälle in den Pickelpit gekippt werden. Um (bis auf die ohnmächtig gewordenen) auch wirklich jedes Gesicht glücklich zu entlassen, gibt es das akustische "If It Means A Lot To You" vor dem "Homesick"-Opener "The Downfall Of Us All". Schwiegermama muss ab 2011 also mit einem zugehackten, grunzenden Anwärter aufs Töchterchen rechnen, als mit dem braven, dauergrinsenden Cardigan-Kaufmann. Wie beim Knäckebrot: An und für sich leichte, unspektakuläre Kost, aber zum richtigen Zeitpunkt lecker belegt, darf es auch mal eine Scheibe A DAY TO REMEMBER sein. Schon viertel vor Zehn? Jetzt ist aber wirklich Schluss für heute!

1. 2nd Sucks
2. The Danger In Starting A Fire
3. A Shot In The Dark
4. My Life For Hire
5. I´m Made Of Wax, Larry - What Are You Made Of?
6. All I Want
7. Mr. Highway´s Thinking About The End
8. This Is The House That Doubt Build
9. Sticks & Bricks
10. You Already Know What You Are
11. Homesick
12. Why Walk On Water When We´ve Got Boats
13. Fast Forward To 2012
14. Monument
15. Have Faith In Me
16. You Should Have Killed Me When You Got The Chance
17. If It Means A Lot To You
18. The Downfall Of Us All
19. The Plot To Bomb The Panhandle