Das Dudefest im Karlsruher Jubez hat an diesem Sonntagabend ein tolles Programm geschnürt. Am frühen Abend zeigt das Thermometer noch sommerliche 28 Grad, trotzdem sind die Temperaturen in den beiden Konzertsälen auszuhalten. Wieder einmal beweist die kleine Location am Karlsruher Kronenplatz, dass sie für Konzerte der härteren Gangart wie geschaffen ist. Schon früh geht‘s los. Den Anfang, noch auf der kleinen Bühne, machen um 17.30 Uhr NYOS aus Finnland, gefolgt von BEEHOVER aus Esslingen, die mit ihrem Mix aus Noise, Doom, Stoner und Sludge schon für einige nickende Köpfe sorgen.
Den ersten Slot im großen Saal haben GRAVE PLEASURES. Die Finnen haben die Stage stilecht zu ihrem Gothic-/Deathrock mit Totenköpfen geschmückt. Die fünfköpfige Combo, die bis 2015 noch BEASTMILK hieß, ist soundtechnisch ein wenig matschig, weiß aber dennoch zu gefallen. Sänger Mat McNerneys Stimme erinnert in Nuancen an EDITORS-Frontmann Tom Smith, dann wiederrum wähnt man den legendären Glenn Danzig der MISFITS auf der Bühne. Als „A post-punk wet dream“ bezeichnen sich die Finnen deshalb auch sehr passend auf ihrer Facebook-Page. Und auch die Verbindung zum Hauptact ist klar: Schon das Debütalbum „Climax“ im Jahr 2013 wurde von CONVERGE-Gitarrist Kurt Ballou produziert. Und dass das Label Deathwish Inc. mit Gründer Jacob Bannon, gleichzeitig Sänger von CONVERGE, ein gutes Händchen für Bands hat, sollte inzwischen allseits bekannt sein.
THOU sind die nächsten auf der Bühne. Mit mittlerweile fünf Studioalben und zahlreichen EP‘s und Singles knüppelt sich die Band aus dem amerikanischen Baton Rouge durch ein hartes Set. Immer unterlegt mit massiven Gitarrenwänden gibt es sperrige Musik mit Drone-, Sludge-, Doom- und Punk-Elementen. Besonders die Songs des 2014er Release „Heathen“ kommen live gut rüber. THOU brauchen keine große Bühnenshow, lassen immer wieder melodiöse Parts einfließen, machen es durch vertrackte Tempowechsel dem Zuhörer aber gewollt nicht einfach. Nach 45 Minuten erhält die Band zurecht viel Applaus.
Als nächstes sind die Sludge-Veteranen von CROWBAR an der Reihe. War der große Saal vorher schon gut gefüllt, wird es jetzt noch ein wenig enger. Der schlammige, drückende Mix aus Doom und Sludge entfaltet im Jubez seine volle Wirkung. Routiniert und mit Wucht schleudern die vier Bandmitglieder dem Publikum massive Riffs und drückende Bässe entgegen. Die Rückkehr von Bassist Todd „Sexy T“ Strange im Jahr 2016 tut dem Sound der Band gut. Sänger Kirk Windstein und Strange sehen mit weißen langen Bärten aus wie die härtere Version von ZZ Top und lassen Riffs und Bassläufe mit sichtbarem Genuss übers Publikum hinweg rollen. Windstein, nicht gerade groß gewachsen, hat auf der Bühne jedoch die Ausstrahlung eines Riesen. Immer wieder animiert er mit seiner Reibeisenstimme das Publikum die berühmte Rocker-Pommesgabel zu machen. Die Amerikaner mischen in ihrem einstündigen Set Songs ihrer bislang letzten Platte „The Serpent only lies“ aus dem Jahr 2016 mit „good old stuff“, wie es Windstein nennt.
Und dann: CONVERGE. Als ob es noch irgendeinen Beweis gebraucht hätte, was diese Band drauf hat. Innerhalb weniger Sekunden entfachen die Hardcore-Punker aus Boston eine unglaubliche Energie und zeigen auch 2018, warum sie nach wie vor einer der aufregendsten und intensivsten Live-Bands in der Szene sind. Nach den letzten Alben fällt es aber um so schwerer, die Band in eine musikalische Schublade zu packen. Sänger Jacob Bannon tigert wie gewohnt vom Wahnsinn getrieben von einem Bühnenende zum anderen, hält das Mikro ins Publikum, schreit, spuckt, wütet, ja, grunzt ansonsten wie ein Berserker in selbiges. Immer wieder schüttet sich Bannon Wasser über den Kopf, wohl auch nötig, um sich selbst ein wenig abzukühlen. Einige Stagediver wagen nach und nach den Sprung von der Bühne. Bassist Nate Newton wirbelt sein Instrument vor sich her, Schlagzeuger Ben Koller hat bei den Temponummern in vollem Galopp sowieso alle Hände voll zu tun. Einziger Ruhepunkt: Gitarrist Kurt Ballou, der heftig nickend mit seinen peitschenden Riffs den Höllenritt zusammenhält.
Im Zentrum stehen die Songs des 2017er Release „The Dusk in Us“. Die Single „A Single Tear“ mit treibendem Schlagzeug funktioniert live richtig gut, genau wie das langsam walzende „Under Duress“ und das vertrackte „I can tell you about pain“. Im einstündigen Set gönnen CONVERGE dem Publikum nur eine einzige Verschnaufpause: Beim sich langsam aufbauenden „The Dusk in Us“ beweist Bannon nicht nur, dass er auch wirklich singen kann - die Band zeigt auch eindrucksvoll, wie sie es immer wieder schafft ihren Sound mit jedem Album zu öffnen und weiterzuentwickeln.
Zum Schluss gibt es mit „Cannibals“ und „Concubine“ noch zwei ganz fiese Rausschmeißer, die wegen ihrer rasenden Geschwindigkeit Schlagzeuger Ben Koller „nicht so sehr gefallen“, wie Bannon mit einem Lächeln zugibt. Der Sänger verliert wie immer bei Gigs nur wenige Worte, dankt mehrfach dem Publikum und den anderen Bands (insbesondere den ihn prägenden CROWBAR). Eine Stunde CONVERGE, eine Stunde, in der alles gesagt ist. Mehr Zeit braucht diese Band nicht.