DEAN DIRG, den Jeans-Westen bewehrten Wuppertaler Hardcore-Urgesteinen, obliegt die nicht ganz dankbare Eröffnung eines denkwürdigen, hier als prototypisch zu postulierenden FUCKED UP-Konzertabends. Denkwürdig deshalb, weil das mediale Echo der FUCKED UP-Detonation mittlerweile zum medialen Donnerraunen angeschwollen ist und Mythos und Musli dabei kaum noch auseinander zu halten sind. Und das hat Folgen für einen Konzertbesuch, bleiben ZuschauerInnen immerhin auf sich selbst als wesentlicher Teil der medialen Mythenerzeugung in spannender Eigenerwartung zurückgeworfen. Und deshalb auch denkwürdig. Undankbar, da DEAN DIRG im Kontrast zu FUCKED UP angesichts der immerhin punktuell von Dynamik zeugenden Entwicklung von Punk und Hardcore als Anachronismus erscheinen müssen.
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Sie betreten die Bühne ohne großes Brimborium, und der Spaß kann losgehen. Und - kaum zu fassen beim sonst bieder-armverschränkenden kölner Publikum - das gleich beim ersten Song. Zuckend (Band) und zappelnd (Publikum) feiert es sich zu den schnellen 2-Minütern ganz hervorragend. Hardcore-Konformismus muss also nicht zwingend als langweilig abgetan werden. Saftige Kracher wie "Your Choice" und "Machine Talk" veranlassen Teile der extra für DEAN DIRG angereisten Anwesenden zum Fingerpointen und Bierduschenverteilen. Zwar setzen die Wuppertaler keine nennenswerten neuen musikalischen Akzente, schaffen es aber sich als kongeniale Kopisten zu inszenieren, die klassische Strukturen immer noch Herzblut abpressen können. Der ordentliche Tondruck, die wirren aber grandios unterhaltenden Ansagen sowie die durch und durch eingespielte Instrumentenfraktion stehen souverän neben feinstem Keifgesang. Das übersetzt sich beim Publikum in Party pur.
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Da wo DEAN DIRG an klassischen Strukturen als zentralem Moment festhalten, führen FUCKED UP sie weiter. In ihrer individuellen, verspielten und kritischen Fortführung eines Hardcore- und Punk-Ethos, der bitternötig ins Zeitgenössische übersetzt werden musste, ließen sie sich quasi als Poststrukturalisten begreifen. Aber lassen wir die Kirche mal im Dorf.
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Künstlerische Professionalität und Zugänglichkeit, oft durch Majoritätsinsignien wie Schminktäschchen und Nightliner zum Ausdruck kommend, zeigen sich bei FUCKED UP nur im Panorama, und das schließt die mediale Inzenierung ebenso ein wie die gelenkte Aufarbeitung dieser Band. Hier, vor ca. 180 Zuschauern und ohne das Rascheln des Blätterwaldes, kommt lediglich eine verdammt clevere Band aus Kanada auf die Bühne. Den Rest bringt das Publikum mit, auch wenn dieser Umstand zumindest indirekt der Band zu verdanken ist. Während Pink Eyes aka Mr. Damien das Microphon kurz zur Seite legt, eine Skimaske überstreift und sich anschließend seines T-Shirts entledigt, ist sie da, die Wirkung des immer noch andauernden Medienknalls. Zwischen drei Gitarristen, einer Bassistin und einem direkteren Sound als ihn "The Chemistry Of Common Life" rüber zu bringen vermochte, bleibt Pink Eyes immer im Zentrum der Aufmerksamkeit. Und trotzdem schafft er es immer wieder unbemerkt von der Bühne zu schleichen und urplötzlich halbnackt auf der Theke oder in Riechweite vor einem zu stehen. Aber kann das schon der Grund für die kontinuierliche Attestierung höchster subversiver Aktivitäten sein? Immerhin, neben etlichen anderen Medien brachte das Laster-Magazin (Mind the Übersetzung! Geraten vom Rechtsbeistand des ALLSCHOOLS!) schon vor ungefähr einem Jahr einen Bericht, in dem FUCKED UP zu den Rettern des Hardcore und legitimen Erben von BLACK FLAG ausgerufen wurden.
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Sicher, ein bärtiger Bauch und eine Ski-Maske machen noch nicht gefährlich. Aber FUCKED UP schaffen es, die Meute die gesamte Show bei der Stange zu halten, und sei es durch die im Vor- und Umfeld offensichtlich bewusst gefütterten Erwartungen des Publikums. Das hier ist wie bei offener Tür scheißen zu gehen. Unsicherheit. Eine Kakophonie-Euphorie, die mit dem subkulturellen Gedächtnis von Hardcore spielt, haarig, zotig und mit der Aura der Unkontrollierbarkeit versehen.
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In Beinahe-Trance wird an den Instrumenten weiter und weiter geschrubbt, und Pink Eyes zeigt, dass ein Hardcorekonzert immer noch ein Ort sein kann, an dem sich ritualisiertem Danebenbenehmen (Fuß cool auf Monitorboxen stellen, rotzen, gewalttätig tanzen, rumschreien, Groupies vögeln, Gottes Segen verteilen, neue Frisur zeigen...) entzogen werden kann. Er kriecht auf Bauch und Rücken zwischen den Beinen der anwesenden Damen über den biergetränkten Fußboden und nötigt zu schwitzigen Paartänzen. Den Rest des Publikums hält er mit einem hämischen Grinsen in Spannung, und es scheint zu sagen: wartet nur, wartet. FUCKED UP werden hier als Band zur Projektionsfläche, denn eigentlich tun sie nicht viel, die erwartete Zerstörung sowie der gänzliche Verlust von Ordnung und Kontrolle bleiben aus.
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