27.10.2006: Samiam, The Draft, Venerea - Münster - Skaters Palace

27.10.2006
 

 

Obwohl ich SAMIAM schon bei ihrer letztjährigen Europatour in Münster begutachtet hatte, liess ich es mir nicht nehmen, die fünf in die Jahre gekommenen Herren, wieder auf einer Bühne im schönen Münster zu bewundern. Die Tatsache, dass sie niemanden geringeres als Hot Water Music - Nachfolger THE DRAFT mit im Gepäck hatten, machte meine Vorfreude auf dieses Spektakel umso größer. Der Austragungsort dieser vielversprechenden Veranstaltung sollte kein geringerer als Münsters Skate-Palast Nr.1, der Skaters Palace sein.

Als erste Band dieses Abends betraten aber die schwedischen Melody-Punkrocker von VENEREA gegen 21 Uhr die Bühne. Sehr verwundert war ich, als ich Rodrigo (seines Zeichen Sänger der schon fast legendären SATANIC SURFERS) hinter der Schießbude auf die Felle dreschen sah. Wie ich im Nachhinein auf der Homepage der Band lesen konnte, ist Rodrigo seit August fester Drummer bei VENEREA, da ihr alter Drummer Erik nun Fulltime-Tour-Manager bei Danko Jones ist...
Mit ihrem neuen Mann an den Trommeln boten die 4 Schweden auf jeden Fall ein schönes, abwechslungsreiches Set mit Songs aus ca. 12 Jahren Bandhistory. Musikalisch passte die Band nicht ganz so gut in diesen Abend, trotzdem wurden sie von einigen Anhängern gut abgefeiert. Ich persönlich machte mal eben eine Zeitreise, ca. 5-6 Jahre in die Vergangenheit, als das Wort "Melodycore" noch ganz groß geschrieben wurde. Schön, dass es immer noch solche Bands wie VENEREA gibt, die sich von nichts und niemandem beeinflussen lassen, und konsequent ihr eigenes Ding durchziehen.

Nach einer kurzen Umbaupause war es dann Zeit für THE DRAFT, die ein schweres Erbe antreten mussten, denn Hot Water Music waren für mich immer einer meiner absoluten Lieblinge, insbesondere was Liveshows angeht. Vor Konzertbeginn hatte ich erfahren, dass Sänger Chris Wollard scheinbar Stimmbandprobleme hat, und momentan nur mit schmerzstillenden Medikamenten auftreten kann. Während des Auftritts hat er sich dies aber nicht anmerken lassen und gröhlte die Songs des neuen Album "In A Million Pieces" enthusiastisch ins Mikrofon. Er bedankte sich 1000 Mal beim Publikum, sagte dass sie überglücklich sind, wieder in Münster zu sein und schleimte sich bei den Zuschauern ein, indem er sie als "bestes Publikum der gesamten Tour" bezeichnete. Ob man ihm das einfach so abnehmen sollte bleibt zu bezweifeln, eines steht jedoch fest: Ganz so lauthols und euphorisch wurden THE DRAFT nicht abgefeiert, wie es damals bei HWM der Fall war. Obwohl sie ein durchaus gelungenes Set spielten, fehlte mir ein wenig die Energie und die Leidenschaft, so wie ich sie von HWM gewohnt war. Naja, es nützt wahrscheinlich nichts, den Gainesville-Heroen nachzutrauern. Hoffen wir dass sich THE DRAFT in nächster Zeit live noch ein wenig mehr ins Zeug legen, damit diese ständigen Vergleiche aufhören, und sich die Band endlich einen ganz neuen, eigenen Thron erkämpfen kann.

Zum Headliner des Abends bleibt eigentlich nicht mehr viel zu sagen: Ohne große Showeinlagen, aber gnadenlos gut boten SAMIAM ein herzergreifendes Set, was von "Capsized" bis "Dull" so ziemlich alle Hits ihrer langjährigen Bandgeschichte beinhaltete. Sänger Jason Beebout, der ganz in weiß gekleidet wie ein Erzengel auf die lauschende Gemeinde einsang, war dieses Mal wesentlich besser zu hören, als vor einem Jahr im Tryptichon, als man von seiner einzigartig genialen Stimme kaum etwas vernehmen konnte. Die zweite Gitarre machte auch einiges her (letztes Jahr war Sergie Lobkoff als alleiniger Gitarrist von SAMIAM mit auf Tour), und bewegt wurde sich sowohl auf der Bühne als auch davor mehr als ordentlich. Nach einer knappen Stunde verliessen die 5 Herren die Bühne, aber liessen die Zuschauer nicht nach Hause gehen, ohne eine gebührend geforderte Zugabe zu spielen.

Eines ist mir nach diesem Abend deutlich geworden: Auch im hohen Alter, bzw. weit über 30 kann man noch ordentlich rocken. Dies bewiesen THE DRAFT und SAMIAM tatkräftig. Ich habe das Gefühl, dass bei diesen Bands noch lange nicht Schluß ist - und das ist auch gut so!