30.04.2010: Dead Swans, More Than Life, Defeater, Together, Remember - Laufach/Hain - Schwarzer Adler

30.04.2010
 

 

Hardcore in einer Mittelalter-Kneipe? Neben der Tatsache dass niemand eine Ahnung hat, wo Laufach, Hain oder Sailauf liegen, stürzt man sich am heutigen Abend ein bisschen ins Ungewisse. Aber MORE THAN LIFE und DEAD SWANS aus England sowie die neue Hardcore-Hoffnung DEFEATER aus den Staaten sind zu Gast – also tut man das natürlich gerne.

Als wir in dem überschaulichen Dorf ankommen, haben sich bereits eine Menge Leute vor dem Schuppen versammelt. Ein kurzer Blick in den sehr kleinen Konzertraum, der mich sofort an den Keller in der Oetinger Villa erinnert und durchaus Charme hat macht sofort Lust auf den Abend. Die Merchstände sind prall gefüllt, More Than Life haben ihr neues Album am Start. Ich statte kurz der Toilette einen Besuch ab und stelle fest, dass diese durchaus mittelalterlich gehalten ist.

Dann geht’s los mit REMEMBER aus Dortmund. Trotz des Opener-Slots können diese schon ein ziemlich breites Publikum beschallen, und landen damit denke ich auch ganz gut. Zwar sind kaum textsichere Leute dabei, allerdings kennen die meisten Menschen den Vierer wohl schon. Ich sehe die Band heute zum ersten Mal und was sie darbietet, gefällt mir ziemlich gut. Den anderen Bands am Abend stehen sie was das Händchen für gute Melodien angeht zwar etwas nach, aber bei der Konkurrenz ist das auch absolut keine Schande. Nachdem sogar kurz mal die Instrumente gewechselt werden ist die halbe Stunde Spielzeit auch schon fast rum. Alles in allem gut, mir wird REMEMBER passend zum Namen als sehr brauchbare Supportband in Erinnerung bleiben.

Unangemeldet treten jetzt WRITTEN auf die Bühne, die aufgrund eines Line-Up-Wechsels einen Überraschungsgig spielen, wenn ich das richtig mitbekommen habe. Doch angesichts des intensiven Auftritts der Lokalmatadore stört das wohl kaum jemanden, im Gegenteil: Die meisten freuen sich und danken es der Band mit reger Publikumsbeteiligung. Zum ersten Mal am Abend versammelt sich vor der Bühne eine Traube von Fans, die die Band kompromisslos abfeiert. Auch ich bin ziemlich beeindruckt, ich hatte die Band mal in Wiesbaden im Vorprogramm zu den 50 Lions und Reign Supreme gesehen und nicht so ausgereift in Erinnerung. Besonders die Stimme des Sängers kann gut mit renommierteren Hardcore-Bands mithalten und erinnert mich an einigen Momenten sehr an den Gesang von Down to Nothing. Musikalisch geht das Ganze entgegen den anderen Bands am Abend eher in Richtung No Warning und Guns Up!, findet aber genug Anklang um den Auftritt zu rechtfertigen.

TOGETHER, ebenfalls eine Aschaffenburger Band stehen dem dann in Nichts nach, auch hier wird ordentlich gestagedivet und mitgesungen. Das gute Zusammenspiel der Band, welches in sehr melodiösem, aber keinesfalls ausgelutschten Hardcore resultiert, ähnelt meiner Meinung nach vor allem der Band, die nach ihnen spielen wird: More Than Life. Dadurch, dass die Band sich ihre Spielzeit wohl mit Written teilen wollte, fällt das Set etwas kürzer aus und nach dementsprechend weniger als 30 Minuten ist dann man mit „Melencholia“, anscheinend der Hymne von TOGETHER , Schluss. Der Abend ist schon relativ fortgeschritten und ich freue mich, jetzt zum „Hauptprogramm“ überzugehen.

Man sieht es schon, als MORE THAN LIFE den Raum betreten: Da wurde wohl ein bisschen getrunken. Nicht weiter schlimm denke ich mir, der Auftritt der jungen Band aus dem Vereinigten Königreich ist dann aber allerdings auch eher schlecht als recht. Zunächst wird mit „Faceless Name“ schonmal der maximale Output aus den Zuschauern geholt, jedoch sollte das wohl auch schon das Highlight des Sets bleiben. Insgesamt werden aufgrund der erheblichen Soundprobleme (einem Gitarristen verreckt einfach mal der Amp..) nur sehr wenige Songs gespielt, allerdings auch neue Songs wie „Daisy Hill“ präsentiert. Auch diese können schon lauthals mitgesungen wurden, was wohl an der vorzeitigen Veröffentlichung von 4 Liedern auf MySpace liegt. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich finde, diese Songs können den hohen Standard der EP nicht halten, und dieser Eindruck überkommt mich auch live. Ich finde es immer ziemlich schade, wenn Bands von denen sehr viel erwartet wird, so etwas passiert: This Is Hell und vor allem die Dead Swans, die heute auch noch aufspielen würden, dürften bei ihren Live-Performances sicherlich oft genug merken, dass die alten Songs definitiv besser ankommen. Was MORE THAN LIFE angeht, wird sich wohl erst nach der Tour zeigen, wie das Album ankommt, nach „Fear“ (leider wieder ohne Intro) wird dann ein unterdurchschnittlicher Auftritt beendet. Man sieht der Band (vor allem dem Gitarristen) an, dass sie auch nicht sehr zufrieden ist. Dennoch ging viel. Ein Loch, das in die Bühne gestampft wurde, wird mit einer Holzplatte überdeckt. Die musste heut Abend noch einiges aushalten, denn nicht nur bei MORE THAN LIFE sollte die Hälfte der abfeiernden Leute auf der Bühne sein.

Deutlich weniger jedenfalls geht bei den eben erwähnten DEAD SWANS, die den Raum vor der Bühne etwas leer spielen. Der Auftritt der Band verläuft jedoch wesentlich professioneller, was vielleicht am geringeren Alkoholpegel (ich vermute das einfach mal) liegen könnte. Mir macht der Auftritt der Brightoner heute mehr Spaß als der von More Than Life, dass wenig los ist, ist leider ein altbewährtes Bild, was sich nicht zuletzt im Januar in der Aschaffenburger Katakombe auch zeigte, als die Band Support für The Carrier war. Etwa zu gleichen Teilen werden Songs von dem Album „Sleepwalkers“ (z.B. „Ascension“ und „Thinking of You“) und der „Southern Blue“ EP (etwa „The Hanging Sun“ oder das meiner Meinung nach beste Lied der Platte „Lines of Seperation“) eingestreut, ab und an können ein paar Leute mitsingen, was jedoch durch das nervige Gemoshe eines komplett in weiß gekleideten Mosh-Warriors mit Diamanten-Tunnels, der wohl vorgestern Parkway Drive entdeckt hat, überschattet wird. Was ich sehr geil finde ist, dass die „Winter Overture“ gespielt wird. Ansagen, die die Vorfreude auf Defeater oder die Lust, später etwas zu saufen, erfragen, bleiben vom Publikum beantwortet. Abgeschlossen wird dann mit „20/07/07“. Auch Sänger Nicholas von den DEAD SWANS macht einen unzufriedenen Eindruck und verlässt nach der halben Stunde Spielzeit sofort den Raum, obwohl von einer handvoll Zuschauern Zugabe gefordert wird.

Den Headliner-Slot hatten sich DEFEATER aus Boston mit ihrer neuen EP „Lost Ground“ definitiv verdient, was musikalische Outputs angeht. Endlich mal wieder eine Band, die Grenzen im melodischen Hardcore auslotet und sowohl auf musikalischer als auch und vor allem auf lyrischer Ebene überzeugt. Ob sie Versprechen, welches sie auf CD geben, auch live in einem kleinen Club halten können? Ich muss zugeben, nach dem wirklich verkorksten Auftritt auf dem Groezrock (schrecklicher Sound!) war ich etwas skeptisch. Kurz nachdem die Band „The Red, White and Blues“ angestimmt hat, verfliegt dann aber jeglicher Zweifel. Erste Leute fliegen von der Bühne und direkt wird sich um das Mikrofon von Sänger Derek gerissen. Aus der familiären Atmosphäre, die der Schuppen bietet, wird nun das Beste gemacht und man wünscht sich, das Set würde nicht so schnell vorbeigehen, wie es das tut. Ansagen, die unter die Haut gehen, gigantische Publikumsbeteiligung, eine sehr gut erprobte Darbietung der Musik, und sogar das Ende von „Prophet in Plain Clothes“ wird mit Akkustikgitarre gespielt: Was will man mehr. Verarschen einige Leute das Geplänkel von Derek zunächst, indem sie Country Roads mitsingen, ergibt sich später ein wunderschöner Sing-A-Long, der ohne instrumentelle Begleitung (abgesehen von der nicht verstärkten A-Gitarre) nochmal viel besser wirkt. Überwältigend. Highlights bilden außerdem sicherlich „Cowardice“, (There’s no place for me!) “Blessed Burden” und “A Wound and a Scar”, wobei kein einziges Lied in der Menge an textsicheren Leuten untergeht. Von vorne bis hinten macht der Auftritt Spaß, genau so wie es sein muss. Die Band wirkt ungeheuer authentisch, wenn sie zum Beispiel eine Ansage ihren Freunden von Verse widmen, über Krieg sprechen und vor allem dann, wenn Sänger Derek mit heiserer Stimme immer wieder wiederholt, wie dankbar er für diesen Abend ist. Auch für DEFEATER, nicht nur die Fans, war das sicher ein super Abend, an den ich sicher zurückdenken werde.

Wer die Chance hat, dieses Bandpaket live anzusehen, sollte diese definitiv wahrnehmen! Nach der Auflösung von Have Heart und Verse im letzten Jahr ist die Tour neben den Ruiner/Carpathian/Miles Away/Cruel Hand/The Carrier-Konzerten, die im Spätsommer anstehen, sicherlich ein Höhepunkt im Jahr 2010 in dieser Sparte.