Interview mit Fjort

31.03.2014
 

 

Hi! Vielen Dank, dass ihr Euch die Zeit nehmt, um unsere Fragen zu beantworten.
Zunächst würde ich gerne wissen, mit wem ich das Vergnügen habe und was ist deine Postion bei FJØRT.


Hallo, ich bin Chris und spiele Gitarre und singe bei FJØRT.

Stelle FJØRT doch bitte noch einmal kurz vor!
Gab es einen bestimmten Grund oder Einfluss aus dem ihr diese Band gegründet habt?


Wir haben alle drei vorher lange in anderen Bands gespielt, mit denen wir aber bei Weitem nicht so viel gemacht haben wie jetzt bei FJØRT. David und Ich waren auch zeitweise gemeinsam bei Longing For Tomorrow, und sind auch nach meinem Ausstieg noch jedes Wochenende auf die Rolle gegangen. Bei uns gingen schon ziemlich lange Ideen und Mails rum, dass wir nochmal zusammen brachiale Mucke machen wollten. Ein Album, was bei uns unglaublich Eindruck hinterlassen hat, ist „Höhenangst“ der Aachener Band EAVES (David hat das sogar in seiner Haut verewigt). Das ist so rohe und gleichzeitig emotionale Musik. Das war unser Anknüpfungspunkt, ohne dass wir EAVES jetzt nachahmen wollten. Wir wollten selbst etwas machen, das einen so weghaut, wie es dieses Album bei uns getan hat. Daraufhin haben wir Frank angeschrieben, von dem wir wussten, dass er auch mal in ner Punk/HC-Band getrommelt hat. Nach dem ersten Treffen war das Ganze sowohl freundschaftlich als auch musikalisch eingetütet, wir hatten direkt nen super Draht zueinander und Unmengen an Bock, und das ist auch heute noch so.

Euer Album „D´accord“ ist letzte Woche erschienen. Wie anstrengend und weit war der Weg der Entstehung für Euch bis das Album fertig war?

Der Weg zum Album hat uns auf jeden Fall einiges abgefordert. Im Prinzip haben wir sofort nach der „Demontage“ wieder angefangen zu schreiben. Wir basteln eigentlich immer an Songs, sobald Ideen da sind. Dann haben wir uns, wie auch schon bei der „Demontage“, eine Deadline gesetzt und etwa 9 Monate im Voraus das SU2-Studio in Illingen gebucht. In den letzten Monaten vor den Aufnahmen ging es dann ans intensive Arbeiten, bis wir uns in den letzten 3 Wochen mit täglichem Proben bis in die Nacht komplett zerschossen haben. Da wurden dann teilweise komplette Songs neu strukturiert, damit wir bei jedem Detail das Gefühl haben, jetzt ist es genau so, wie es sein muss. Ich saß jeden Abend im Studio noch an den Lyrics und habe Wörter umgedreht. Dieses „Sich-Zerlegen“ gehört irgendwo dazu, damit man nachher sagen kann, dass das Ergebnis wirklich das Beste ist, was für uns zu dieser Zeit machbar war. Auch wenn das bedeutet, dass der Songwriting-Prozess eigentlich kein „Ende“ hat, sondern nur den Punkt, an dem man sich zwingt aufzuhören, haha.
Stilistisch haben wir nichts bewusst geändert, sondern einfach drauf los geschrieben, und die Einflüsse verarbeitet, die in den letzten 1,5 Jahren auf uns einregneten. Wir sind uns aber durchaus bewusst, dass man sich als Band über die Jahre verändert, und weigern uns nicht, auch mal was Neues auszuprobieren. Gerade das liebe ich auch an Bands wie z.B. THRICE, die so viele musikalische Wege beschritten haben, und in jedem hört man das Herzblut. Die einzige und wichtigste Vorraussetzung ist, dass uns etwas kickt und berührt, dann machen wir es.

So wie ich das bisher beurteilen kann, sind die Reaktionen auf das Album zurecht durchweg positiv ausgefallen. Gehört ihr zu den Bands, die stündlich nach Ergebnissen und Resonanzen suchen oder steht ihr dem Ganzen eher ganz relaxed gegenüber?

Bisher haben wir auch tatsächlich wenig Negatives gehört, und freuen uns natürlich sehr darüber. Alles, was man als Band macht, macht man erstmal für sich selbst, und ob Andere es dann gut finden, ist eine ganz andere Frage. Aber auch negative Kritik finden wir nicht schlimm, wir lesen immer gerne, was man über uns schreibt. Da wir wegen der ganzen Organisation eh momentan viel mehr vorm Rechner hängen, als wir eigentlich wollen, schieben wir uns auch schonmal gegenseitig das ein oder andere Review rüber. Aber viel Zeit bleibt dafür leider nicht, dafür freuen wir uns umso mehr auf die kommende Releasetour.

Ihr seid Teil der This Charming Records Familie, die eigentlich seit ihrer Entstehung ein gutes Gespür für außergewöhnliche Bands bewiesen haben. Wie kam diese Partnerschaft zu Stande?

Wir hatten schon in unserer Anfangsphase das Glück, mal zusammen mit THE TIDAL SLEEP zu spielen, die wirklich gute Kerle sind und die dann ihrem Labelchef Chris wohl gesteckt haben, dass sie uns ziemlich gut fanden. Irgendwann viel später kamen wir dann nochmal in Kontakt mit ihm, und er hatte Interesse, unsere Platte zu veröffentlichen, was uns unglaublich gefreut hat. Wir teilen uns das Label mit ner Menge Bands, die wir selbst feiern und es ist für uns ein Glücksfall, dadurch jetzt auch ein paar mehr Leute zu erreichen, die sonst vielleicht nie was von uns mitbekommen hätten.

Ich bin der Meinung, dass „Demontage“ schon für einen sehr eigenständigen Stil stand. Diesen konntet Ihr auf dem neuen Album noch detaillierter ausschmücken. Dabei vermischt ihr viele Stile wie HC / 90er Screamo und Postcore Elemente zu einem eigenen. Gibt es für euch musikalische Grenzen, die ihr nicht überschreiten wollt?

Musikalische Grenzen liegen für uns nur da, wo es uns nichts gibt, wenn wir zusammen spielen. Der Rest ergibt sich spontan, wenn wir im Proberaum stehen. Wir hatten nie den Ansatz, eine bestimmtes Genre zu bedienen oder wie eine bestimmte Band zu klingen. Ich bin selbst gespannt, wie wir (wenn es uns dann noch gibt) in 5 Jahren mal klingen, haha. Es ist immer interessant zu hören, wie Andere unsere Musik beschreiben. Man denkt da selbst überhaupt nicht drüber nach. Jedenfalls freut es mich, wenn du sagst, dass es irgendwo ein eigener Stil ist, denn das ist schon etwas, was mir auch am Herzen liegt, wenn wir das denn hinbekommen.

Als ihr FJØRT ins Leben gerufen habt, stand da von Anfang an für Euch fest, dass Ihr ausschließlich nur deutsche Texte haben wollt oder kam diese Entscheidung erst mit der Zeit?

Ich persönlich habe in früheren Projekten nur englische Texte geschrieben, hatte aber schon lange deutsche Textfragmente rumliegen. Es ist so viel einfacher, sich in der Muttersprache präzise auszudrücken, um das richtige Wort für genau das Gefühl zu finden. Wenn es sein muss, auch mit neu gebauten Worten. Auch wenn es vielleicht nicht sofort in den Texten ersichtlich ist, sind mir z.B. Sarkasmus und Ironie ein wichtiges Stilmittel um etwas rüberzubringen. So was geht, ohne ungelenk zu klingen, nur in der Muttersprache. Außerdem habe ich bei Konzerten das Gefühl, unmittelbarer bei den Leuten zu sein, was mir persönlich unglaublich viel gibt.

Ihr gehört zu den Bands, die sehr viel Zeit ins Touren investiert. Ist das für Euch als Band ein Muss oder eine Selbstverständlichkeit oder nutzt ihr dabei die Freiheiten, die Euch das Leben seitens der Band aktuell bietet?
Würdet ihr sagen, dass ihr in FJØRT all euer Herzblut und jede erdenkliche Sekunde steckt oder seht ihr das Ganze immer noch als Hobby?


Wir sehen das Touren als das Wichtigste für eine Band und auch als Belohnung an. Ausserdem als kleine Abenteuerreise mit besten Freunden. Dass wir so viel live spielen können, hätte in den Anfangstagen dieser Band sicher keiner gedacht, das ist ein Privileg. Mittlerweile nimmt es auch mehr Raum ein als ein „normales“ Hobby, wir stecken quasi jede freie Minute in die Band. Nebenbei arbeiten Frank und David Vollzeit, und ich stecke in der Endphase meines Studiums. Da geht dann schonmal der gesamte Jahresurlaub für eine Tour drauf. Zeitweise wird es dann schwer, noch ausreichend Zeit für Freunde und Familie frei zu räumen. Deswegen können wir uns glücklich schätzen, dass wir von Leuten umgeben sind, die für diese Sache, die wir machen, Verständnis zeigen und uns so gut unterstützen.

Was war für Euch bisher das Prägendste, dass ihr mit FJØRT auf Tour erlebend durftet, aber auch musstet?

Das Prägendste… Ich denke, prägend ist schon das gemeinsame Unterwegs sein und Feststellen, wie diese Szene funktioniert. Im Endeffekt ist es ja erstmal „Nischenmusik“ (Was für ein „schöner“ Begriff, haha). Veranstalter reißen sich den Allerwertesten auf, damit man irgendwo spielen kann, man etwas was zu essen bekommt und ein Dach über dem Kopf hat. Das Alles, weil sie Bock auf Musik haben, und Bock, das Ganze zu unterstützen. Auch wenn es sich finanziell nicht auszahlt. Man merkt einfach, dass das nicht selbstverständlich ist, sondern eine große Sache. Wenn es dann mal irgendwann passieren sollte, dass man als Band ein Venue vollmacht, und die, die veranstalten, kochen, oder sonst irgendwie helfen, auch angemessen entlohnt werden, dann weiß man erstmal, was das für einen Wert hat.

Auch wenn die Band FJØRT noch nicht so lange existiert, habt ihr Euch dennoch binnen kürzester Zeit einen sehr guten Status erspielt und natürlich auch erarbeitet. Gibt es dennoch Dinge, die Ihr vielleicht bereut oder anders gemacht hättet?

Ich glaube, ich spreche da auch für die Anderen, dass wir nichts anders machen würden. Wir hatten von vornherein nur das Ziel, eine Band zu starten, in der wir uns ausleben können und ne gute Zeit zusammen haben. Wir haben ne super Kommunikation intern und alles wird bei uns gemeinsam besprochen. Dafür, dass das bisher so gut klappt, und es Leuten gefällt, sind wir echt dankbar. Der Spaß an der Sache ist das Wichtigste, und solange der da ist, machen wir nichts falsch.

Wenn Ihr aktuell auf die Szene blickt, in der ihr Euch mit FJØRT bewegt, was würdet ihr als positiv bezeichnen und wo gibt es klaren Verbesserungsbedarf?

Das Wort Szene finde ich immer etwas begrenzend. Es war nie Intention für eine bestimmte Gruppe von Menschen zu spielen. Allenfalls für eine Gruppe von Menschen aus triftigen Gründen nicht zu spielen. Es gibt vereinzelt Menschen, die alles erstmal ablehnen, was nicht in die Paragraphen der Szeneordnung passt. Das finden wir immer schade, denn wir lassen uns gerne und ständig auch von anderen Musiksparten beeinflussen. Durchweg haben wir bisher jedoch nur Gutes erfahren. Man merkt auf jeder Show, dass Veranstalter und Besucher Bock auf die Sache haben und das nicht aus irgendwelchen pflicht- oder finanziellen Gründen machen. Dann gibt es noch Fotografen, die ihre teuren Kameras nutzen und Bilder für nichts an Kohle ins Internet stellen. Ganz zu schweigen von all' den ehrenamtlichen Kräften, die AZs pflegen, Pennplätze anbieten, fulminant kochen oder Interviews führen :).


Wie sieht die Zukunft von FJØRT aus. Was wünscht Ihr Euch speziell?

Unsere Pläne sind erstmal weiterhin zu touren, so viel es geht. Für uns wär´s das Größte, wenn Leute Bock haben zu ner Show zu kommen, um zu schauen, ob es ihnen gefällt. Wir freuen uns mega drauf, die neuen Songs live zu spielen und zu sehen, wie sie sich so machen.

Die letzten Worte gehören Euch!

Danke für die Einladung zum Gespräch!