INTERVIEW MIT BEACH SLANG

27.02.2020
 

 

BEACH SLANG sind seit ihrer Gründung und ersten beiden EPs von 2014 in kürzester Zeit vom wohl größten Geheimtipp zu einer der angesagtesten Bands aufgestiegen. Der jugendlich-naive Sound zwischen Punk, Emo und Alternative atmete den Geist der 90er und war so frisch wie ansteckend. Mit dem neusten Album „The Deadbeat bang Of Heartbreak City“ (VÖ: 10.01.2020) weichen BEACH SLANG recht deutlich vom bewährten Rezept ab und öffnen sich dem Rock der 70er und 80er. Wir sprachen mit Mastermind und Tweed-Jacken-Träger James Alex über alte und neue Einflüsse, Idole, die zu Freunden wurden und über die Zukunft seines Babys BEACH SLANG.

 

Allschools: Hi James, das neue BEACH SLANG Album „The Deadbeat Bang Of Heartbreak City“ ist jetzt seit einiger Zeit draußen. Wie fühlst du dich? Wie waren die ersten Reaktionen?

James: Meine Sorge war eigentlich nur, dass die Leute den Release vergessen oder - noch schlimmer – es sie gar nicht interessiert. Aber tatsächlich zündete das Album direkt wie ein Feuerwerk. Ich bin jetzt absolut bereit: Wie ein Tiger im Käfig, zähneknirschend, darauf lauernd, dass es losgeht.

 

Allschools: Mit dem neuen Album kam auch ein signifikanter Soundwandel – der 90er-Alternative-Punk-Vibe weicht zum Großteil Einflüssen aus straightem Rock’n’Roll der 70er und 80er, wie in „Bam Rang“ oder „Stiff“. War das eine natürliche Entwicklung im Schreibprozess oder von vornherein so beabsichtigt?

James: Ich habe einen Weg gesucht, die viele Zeit, die ich zwischen den Veröffentlichungen hatte, sinnvoll zu nutzen. Also habe ich mich vermehrt der Musik gewidmet, mit der ich aufgewachsen bin – Punk, Classic Rock, New Wave, Folk, Bubblegum Pop, das ganze Paket. Ich denke, letztlich wollte ich einfach einen Liebesbrief an den Rock’n’Roll schreiben – einen etwas verweichlichten Liebesbrief, voller Abschaum und Zartheit.

 

Allschools: Die Single „Tommy In The 80s“ klingt wie eine perfekte Verschmelzung von „klassischen“ BEACH SLANG mit dem Stadion Rock der 80er, inklusive Saxophonsolo. Kannst du uns anhand dieses Beispiels einen Einblick in den Schreibprozess von BEACH SLANG geben?

James: Ich las ein Interview mit Charles Thompson (Anm. der Red.: besser bekannt als Frank Black, THE PIXIES), in dem er sagte: „Ich schreibe einen Part, tue dann so, als würde ich gerade performen und spiele mich in Ekstase. Ich warte auf den „Ohrgasmus“ – dann weiß ich, dass ich das Ziel erreicht habe.“ Das beschreibt, glaube ich, auch sehr gut meine Herangehensweise. Ich lasse die Dinge in gewisser Weise zu mir kommen, dann spiele ich einfach drauf los, hart und roh, um die Idee aus meinem Kopf direkt ins Aufnahmegerät zu schleudern. Sobald die Grundidee steht, arbeite ich an den ausgefalleneren Details und schaue, was dabei herauskommt. Einige Ideen schaffen es, die meisten nicht. Rock’n’Roll ist echtes Handwerk. Ich versuche den Song mehr zu fühlen als zu denken.

Für „Tommy In The 80s“ wollte ich diese Art hypnotisierende Gitarrenlinie, wie RICK SPRINGFIELD sie in „Jessie’s Girl“ verwendete. Also habe ich sie mir gekrallt und verdreht und ihr diese schäbige, kleine Spielerei in der Mitte verpasst. Und als kleinen Gruß an das breite Lächeln von Tommy (Anm. d. Red.: Keene, Singer/Songwriter, 2017 verstorben) im Video zu seinem Song „Deep Six Saturday“, habe ich für die Hook Saxofon und Trompeten verwendet. Ich denke, das war mein Versuch, sein Lächeln in Erinnerung zu behalten. Ich dachte, wenn Paul Westerberg (THE REPLACEMENTS) einen Song über Alex Chilton schreiben konnte, aus all den richtigen Gründen, dann könnte ich das gleiche für Tommy Keene tun.

 

 

 

Allschools: Tommy Stinson (THE REPLACEMENTS, GUNS N‘ ROSES) hat den Bass auf „The Deadbeat Bang Of Heartbreak City“ eingespielt – Wie ist diese Zusammenarbeit entstanden?

James: Vor ein paar Jahren hat Tommy BEACH SLANG für ein paar Shows mit zum RIOT FEST in Denver genommen. Wir haben uns direkt super verstanden. Wir blieben in Kontakt und - Bang! – spielte er auf dem Album.

Es ist schon verrückt, wenn dein Idol plötzlich dein Freund wird. Wir nahmen den Bass in seinem Studio auf, nur er und ich, wenige Zentimeter voneinander entfernt und wir schmetterten einfach diese Songs raus. Es war, als wären die Poster aus meinem Jugendzimmer plötzlich zum Leben erwacht und würden mir auf die Schulter klopfen.

 

Allschools: Wenn du dir für eine weitere Kollaboration einen Musiker aussuchen dürftest, egal, ob lebendig oder schon verstorben, wen würdest du wählen?

James: Ich schätze, Paul Westerberg (THE REPLACEMENTS) wäre jetzt zu offensichtlich, oder? Wahrscheinlich schon. Dann wird es schwierig – hmm – jetzt, in diesem Moment würde ich sagen: Charles Thompson (THE PIXIES), Peter Case (Solokünstler), Ross Shapiro (THE GLANDS), Tommy Keene (Solokünstler).

 

Allschools: Der dominierende Sound auf „The Deadbeat Bang Of Heartbreak City“ ist lauter, straighter Rock’n’Roll, aber es finden sich auch wieder ein paar Akustikballaden, wie „Nobody Say Nothing“, „Nowhere Bus“ oder „Bar No One“. Warum sind diese Songs auf dem Album gelandet, anstatt für dein Seitenprojekt QUIET SLANG Verwendung zu finden?

James: So fühlte es sich einfach richtig an. Also: Ich möchte Platten schreiben, die menschlich klingen – lebendig, wütend, großkotzig, aber auch sensibel, verzweifelt und zu sich selbst gefunden. Platten, denen man den ganzen Mist anhört, den wir zwischen Geburt und Tod mit uns herumtragen. Ich will mit BEACH SLANG nicht in einer Ecke gefangen sein – nur als „die laute Band“, oder „die traurige Band“ oder die „was-auch-immer-Band“ gelten – ich will all das gleichzeitig sein. Und vielleicht sogar noch mehr.

 

Allschools: Die Themen auf den älteren Alben kreisten oft um eine nie endende Jugend, um „staying young at heart“, aber im aktuellen Album-Closer „Bar No One“, einer traurigen Pianoballade, wirkst du plötzlich sehr um die eigene Sterblichkeit und Vergänglichkeit bewusst. Ist diese Einsicht auch eine Folge des exzessiven Partylebens auf Tour?

James: Ich denke, zum Teil schon. Aber letztlich sind diese Gedanken das Resultat von Allem, verstehst du? Es gibt das Leben, es gibt den Tod – und ich fühle beides, sehr oft.
 

 

Allschools: In der noch jungen Geschichte von BEACH SLANG gab es schon unzählige Wechsel im Line Up. Wünscht du dir manchmal ein gefestigtes Bandgefüge oder bleibst du lieber der Mastermind, der sich seine Unterstützer für Tourneen aussucht?

James: BEACH SLANG war schon immer ein Soloprojekt, das nur mit der Idee flirtet, eine Band zu sein. Quasi eine Art „Rock’n’Roll-Kommune“. Wenn sich aber irgendwann ein funktionierendes Line-Up finden sollte, dann würde ich das auf jeden Fall behalten wollen. Aber dieses „Mastermind plus Unterstützer“-Ding funktioniert offensichtlich auch ziemlich gut. Ich meine, Rock’n’Roll ist schon ein ziemlich verrücktes Treiben – dafür ist nicht jeder gemacht. Und das ist ok so. Ich will nicht, dass jemand die Probleme einfach runterschluckt und weiter macht, sobald sein Herz vom Business gebrochen wurde. Sie verdienen etwas Besseres. Genau wie BEACH SLANG.

 

Allschools: Was, glaubst du, ist die Zukunft von BEACH SLANG – die große Arena oder der kleine Punk Club?

James: Die Gosse.

 

Allschools: Als du das letzte Mal mit BEACH SLANG in Deutschland warst, habt ihr die legendären JAWBREAKER begleitet. Gibt es Pläne für eine eigene Headliner-Tour durch Europa?

James: Wenn ihr uns haben wollt, kommen wir!