Interview mit FJORT

07.02.2019
 

 

 

Kaum hat die Südwärts-Tour von Fjørt ein Ende gefunden, stehen schon die nächsten Termine vor der Tür. Ich durfte In einem lockeren Gespräch mit Chris und David erfahren, wie ihr Tour- und Bandalltag aussieht und  wie sich die Band in der Zukunft sieht.

 Fjort 2018

 

Der Release eures letzten Albums ist schon eine Weile her. Ich denke, dazu habt ihr bereits einige Fragen beantwortet. Meine erste Frage bezieht sich daher auf das Tourleben. Wie handhabt ihr das Thema Alkohol vor der Show? Trinkt ihr gar nichts oder sind vielleicht ein bis zwei Bier okay?
Chris: Ich denke da ist jeder, der Mucke macht, anders. Bei uns ist es so, dass wir gar nichts trinken vor der Show...
David: (hebt sein Bier) Prost.
Chris: Okay, manchmal ein Bier und das ist dann das Maximum. Also keiner säuft vor der Show. Nach der Show ist auch genug Zeit.

 

Habt ihr dafür danach überhaupt noch genug Energie? Seit zwei Wochen seid ihr ja nonstop jeden Tag unterwegs, morgen geht es weiter nach Graz (500km entfernt).
David: Wir haben mittlerweile eine Crew, die aus vielen Freunden besteht. Sie sind schon seit Jahren dabei und erledigen viele Aufgaben, wie zum Beispiel das Aus- und Einräumen des Busses oder den Bühnenauf- und -abbau. Wir sind wirklich froh, dass wir sie endlich vernünftig bezahlen können. Dadurch haben wir Zeit, nach der Show runterzukommen und es minimiert das Risiko, dass wir krank werden. Es bleibt außerdem Zeit für einen Moscow Mule, den unser Drummer sehr gut mischen kann.


Wie viele Leute beinhaltet eure Crew?
David: Sieben. Also sind wir insgesamt zu zehnt.

 

Bleibt beim Touren überhaupt Zeit fürs Songwriting?
Chris: Bei uns gibt es zwei Phasen, eine kreative für das Songwriting und eine Phase, in der wir live auftreten. Beides erfordert viel Zeit, daher haben wir momentan nicht die Möglichkeit, viel zu schreiben – außer ein paar kleine Gedanken.

 

Wie sieht euer Plan nach der Tour aus?
David: Wir haben grundsätzlich viel Spaß am Touren, aber wir sind dann erst einmal durch. Ich denke, wir haben jedem die Chance gegeben, uns live mit unserer letzten Platte zu sehen. Für diese Tour haben wir auch extra nicht die größten Städte wie Berlin, Köln oder Hamburg ausgewählt, sondern auch abgelegenere Orte, damit unsere Hörer nicht Stunden für die Anfahrt brauchen. Nach der Tour werden wir wahrscheinlich auch den Proberaum einen Monat lang nicht betreten. Wir sind aber auch ohnehin keine Band mit festen Probezeiten, das hat bei uns nie funktioniert. Irgendwann kommt dann der Vibe und wir fangen an zu schreiben. Auf diesen Moment warten wir dann, forcieren ihn allerdings nicht.

 

Euer Promovideo für die Tour enthält auch ein Stück mit Klavier und Streichern. Könntet ihr euch vorstellen, noch mehr in diese Richtung zu gehen?
Chris: Die Idee dafür entstand eigentlich eher spontan. Ich liebe das Klavier und es ist tatsächlich das einzige Instrument, das ich gelernt habe. Ich habe darauf ein wenig herumgespielt und in diesem Moment hat das mit der Melodie einfach gepasst. Wir sind im Grunde aber definitiv offen für alles und Derartiges wird nicht ausgeschlossen. Wir hören ja privat auch nicht nur Hardcore und Geschrei.

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Würdet ihr so einen Aufwand, wie die Videosession im Grand Hotel, wieder betreiben?
David: Es war rückblickend etwas überdimensioniert. Es war ein wirklich großes Projekt in einem Rahmen, in dem das Budget eigentlich nicht vorhanden war. Viele Freunde haben uns geholfen, weil sie einfach Lust auf das Projekt hatten. Wir haben viel Zeit in den Aufbau investiert und wir wussten zwischenzeitlich nicht, ob wir das alles zur Deadline schaffen. Also habe ich die Jungs ins Bett geschickt und mit der Crew bis 6 Uhr morgens mikrofoniert. Um 9 Uhr mussten wir dann wieder aufstehen. Ich glaube, für uns war das eines der intensivsten Erlebnisse, das wir bisher hatten.
Chris: Also um nochmal auf die Frage zurückzukommen, wir beißen uns da gerne an Sachen fest, die wir gerne machen möchten. Wir wollen da auch keine Kompromisse machen, auch wenn es erst einmal völlig unmöglich erscheint. Wenn wir noch einmal so eine Schnapsidee haben, dann machen wir das wahrscheinlich auch.

 

Eure textlichen Inhalte sind ja bekannt. Es geht nicht selten um Politik oder Eindrücke, die ihr selbst verarbeitet. Seid ihr eigentlich religiös?
David: Ich bin nicht gläubig. Ich kritisiere, dass für manche der Glaube das Abschlachten anderer legitimiert. Die andere Seite ist, dass Menschen sich mit einem Glauben besser fühlen oder eben suchen, das soll jedem Menschen vergönnt sein. Nach den Grundfesten im Glauben, zum Beispiel Nächstenliebe, sollten ja wir alle leben. Bei mir hat sich das aber nicht durch eine Religion, sondern durch gesellschaftliches Zusammenleben aufgebaut.

 

Jetzt muss ich euch doch eine Standardfrage stellen. Wo seht ihr euch und eure Musik in 10 Jahren?
David und Chris (übereinstimmend): Heiliger Strohsack!
David: Das entscheiden gar nicht wir, glaube ich. Wir sehen zu, dass wir gesund bleiben. Und so lange uns unsere Themen nicht loslassen und wir sie weiterverarbeiten können, werden wir weitermachen. Wir haben immer alles auf uns zukommen lassen, haben Dinge geschafft, die wir nicht für möglich gehalten haben. Aber es hat sich so entwickelt. Ein Ziel wäre vielleicht, dass wir weiterhin zu 100% zu unseren Sachen stehen wollen, die wir veröffentlichen.
Chris: Es wäre sehr geil, wenn wir unser jetziges Album in zehn Jahren anhören können und uns denken: Cool!

 

Könnt ihr denn nach der ganzen Tour eure eigene Musik noch hören?
Chris: Naja man hört sich seine eigenen Alben doch allgemein eher weniger an…
David: Oh, ich tatsächlich erst neulich!
Chris: Wenn wir uns heute die „Demontage“ EP anhören, fragen wir uns: Was haben wir denn bitte damals fabriziert?!
David: Dadurch, dass wir live viel jammen, wird unsere Musik für uns eigentlich nicht langweilig. Wir sind ja keine Schlagerkünstler, die vieles vom Band laufen lassen!

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Seid ihr eigentlich schon einmal Genre-Hardlinern aus dem Hardcore- oder Metalbereich begegnet, die euch gesagt haben: „Eure Musik geht mal gar nicht!“?
David
: Eigentlich nicht. Aber es gibt in allen Bereichen Hater. Ich finde es bemerkenswert, wie Menschen Musik ablehnen, weil sie nur in einer bestimmten Schublade stattfindet. Diese Leute geben ihren Ohren ja gar nicht die Möglichkeit, darüber nachzudenken, ob sie ein Musikstück eines anderen Genres auch anspricht. Wir begrenzen uns auf sowas aber eben nicht. Wenn wir etwas mit einer Posaune aufnehmen wollen, machen wir das. Wenn wir in den Augen anderer Emo-Pop-Punk machen, ist das okay, solange ich das so weitermachen kann.


Und wie sieht es mit Kritik im Internet bezüglich Musik und Texten aus? Schon Gegenwind von Trollen bekommen?
David: Wir bekommen vom Hate im Internet jedenfalls nichts mit. Die stürzen sich auf Bands, bei denen sie entsprechend Aufmerksamkeit bekommen. Ein Interviewer sagte uns einmal, dass er unsere Aussprache gegen Faschismus mutig fände. Ich wusste nicht, was er damit meinte. Wenn wir hier schon so weit sind, dass man dafür Mut braucht, dann Ahoi!
Chris: Haters gonna hate! (beide lachen)

 

Okay, zum Ende würde ich noch eine kurze Blitzfragerunde mit je zwei Antwortmöglichkeiten starten wollen.
David: Nice!

 

Bier oder Wein?
David: Bier.

 

Game of Thrones” oder “Black Mirror”?
Chris: Black Mirror.

 

Tempolimit auf Autobahnen innerhalb Deutschlands?
David: Ja.

 

BRING ME THE HORIZON oder BEHEMOTH?
Chris: Uh, schwierig! Das müsste ich tatsächlich elaborieren, ich finde beide gut!

 

Lieber einen Haufen Hunde oder einen Hundehaufen?
David: Einen Haufen Hunde.

 

Lieber ein klassisches Stück oder Porngrind?
Chris: Was ist Porngrind?

 

Lieber Berlin oder Köln?
David: Köln.

 

Wenn du kämpfen müsstest, wähle deinen Gegner: 100 entengroße Pferde oder eine pferdegroße Ente?
Chris: Ich glaube die pferdegroße Ente, die kann mich nicht umzingeln.

 

Lieber ein Kind der 80er oder 90er?
David: 80er.

 

Böhmermann oder Schulz?
Chris: Schulz mit seiner melancholischen Musik.

 

Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt. Ich wünsche euch alles Gute und natürlich auch weiterhin Erfolg in der Musik!